Rollenspiele als Lebenshilfe für alltägliches Miteinander

Warendorf. Mal ein eine andere Rolle schlüpfen, als eher schüchterner Mann einen redegewandten Macho, oder als junger Hüpfer eine gebrechliche, alte Frau spielen - wer möchte das nicht mal gerne vorgeben, jemand ganz anders zu sein, als er in Wirklichkeit ist, und somit Möglichkeiten und Fähigkeiten anderer Menschen erleben? Dazu hatten jetzt zwölf junge Menschen mit Behinderungen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren während eines Bildungswochenendes der Lebenshilfe Warendorf die Gelegenheit.
Unter der Leitung von Jörn Waßmund, der das Studium der Kulturpädagogik absolvierte und zudem theaterpädagogische Erfahrungen, unter anderem mit Menschen mit geistigen Behinderungen, hat, und einem kleinen Betreuer-Team konnten die Teilnehmer des Theaterprojektes während des viertägigen Kurses in der Jugendbegegnungsstätte des Kreises in Warendorf eintauchen in die Welt des Rollenspieles.
"Theatermachen, das heißt auch Grenzen erleben und aushalten, und immer auch eine allgemeine Förderung der Persönlichkeit", so Jörn Waßmund. Allerdings muß die jeweilige Theatergruppe ihren Fähigkeiten nach auf das Theaterspielen eingestimmt werden. Deshalb begannen die Theateraktiven mit Übungen unter anderem im Bereich der Wahrnehmung, des Körperkontaktes, der Konzentration und Beweglichkeit. Schon dieses rief bei den Teilnehmern größte Begeisterung hervor. Vor allem "der Spiegel". Hierbei stehen sich zwei Partner frontal gegenüber. Bewegungen, die von einem der beiden vorgegeben werden, müssen von seinem "Spiegelbild" möglichst imitiert werden, eben nur spiegelverkehrt.
Später wurden dann lebensechte Situationen zum Thema "Alles Liebe?" oder "Sehnsucht ohne Grenzen" dargestellt. Hier ging alles um Freundschaft, Liebe, und die damit verbundenen Schwierigkeiten: etwa um die Frage, wie spreche ich die Dame oder den Herren meines Herzens bei einem Spaziergang im Park an und komme mit ihr oder ihm ins Gespräch? Diese einzelnen Szenen wurden nach und nach immer komplexer, so daß das Ergebnis des viertägigen Kurses am Sonntag in Form einer kleinen Theater-Session einem Zuseher-Kreis, der sich überwiegend aus Angehörigen der Theateraktiven zusammensetzte, vorgestellt wurde.

Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 16.1.2001

(enn)